Healthy Campus Mainz und die fehlende Förderung

07.02.2024
Campus-News, Studium...
cd

Nach fünf Jahren wurde das Projekt „Healthy Campus Mainz“ aufgrund mangelnder finanzieller und personeller Ressourcen eingestellt. Ziel des Projekts: Förderung des Gesundheitsbewusstseins an der JGU.

Das Kooperationsprojekt “Healthy Campus Mainz – gesund studieren“ wurde nach fünf Jahren eingestellt. Die Initiative für das Projekt kam von Univ.-Prof. Dr. Stephan Letzel, dem ehemaligen Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). Das Projekt ist 2018 im Rahmen des Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsförderung und Prävention (§ 20g SGB V) ins Leben gerufen worden. Ziel und Fokus war es, die Gesundheit der Studierenden der JGU zu fördern und die Studienbedingungen mithilfe von evidenzbasierten Maßnahmen gesundheitsförderlich zu gestalten. Damit konnten die Angebote des Projektes auf fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen aufgebaut werden.

Besonders wichtig sei dies im jungen Alter, um gute Gewohnheiten zu entwickeln und so Kompetenzen für das restliche Leben zu erwerben. Das Modell verfolgte einen interdisziplinären Ansatz, welcher auf einem Zusammenspiel von Wissenschaft und Praxis basierte. Laut Jennifer Reichel, der Projektkoordinatorin von Healthy Campus Mainz, wolle man insbesondere Gesundheitsthemen in die Lehre integrieren.

Die Umsetzung des Modellvorhabens wurde durch die BARMER, die JGU und die Universitätsmedizin finanziell unterstützt. Angesetzt war eine Gesamtlaufzeit von fünf Jahren. Trotz einer positiven Resonanz seitens der Studierenden, wurde das Projekt im Juli 2023 aufgrund unzureichender finanzieller und personeller Ressourcen eingestellt. 

Vielfältige Angebote zur Gesundheitsförderung an der JGU

Die Schwerpunktthemen des Projekts waren “Bewegung“, “Psychische Gesundheit“, “Ernährung", "Kommunikation und Mediennutzung“ und “Medizinische Prävention“.

Eines der Projekte, der "Health Express“, forderte Studierende auf, sich während Lehrveranstaltungen zu bewegen, um so die tägliche Sitzzeit zu reduzieren und Sitzzeitunterbrechungen zu implementieren. Laut Abschlussbericht wurde dieses Format sowohl von Dozierenden als auch Studierenden positiv aufgenommen. Durch den JGU-Wegweiser konnten die Angebote der Universität im Bereich der Gesundheit und Beratung übersichtlich aufgearbeitet werden. Dies sorgte für mehr Vernetzung zwischen Angeboten und Informationen und erleichterte Studierenden die Orientierung.

“KEN-Online“ wurde als ein Onlineselbsthilfeprogramm für den Umgang mit Emotionen entwickelt. Das interaktive Online-Forum “Psychisch fit studieren” ist in Kooperation mit dem Verein “Irrsinnig Menschlich e.V.” an der JGU organisiert und einmal pro Semester angeboten worden. Es nahm sich zum Ziel, für psychische Gesundheit im Studium zu sensibilisieren. Der "STUDY Coach" wiederum bot Unterstützung, um das Studium gesundheitsförderlich zu gestalten, “Belastungen im Studium zu minimieren und strukturelle und soziale Ressourcen aufzubauen“. Die “Rezeptbox“ präsentierte Studierenden verschiedene Ideen für eine abwechslungsreiche und gesunde Ernährung.

Die Relevanz der Gesundheitsförderung an Hochschulen

Besonders Hochschulen spielen eine entscheidende Rolle im Kontext der Gesundheitsförderung. Laut Abschlussbericht von Healthy Campus Mainz seien deutsche Hochschulen im Bereich Prävention und Gesundheitsförderung weniger systematisch ausgebaut als die Universitäten in anderen Ländern. Viele Studierende seien gesundheitlich stark belastet, würden unter psychischen Erkrankungen leiden und seien äußerst vulnerabel, sodass sie eher zu ungesundem Verhalten tendieren.

Das Studium ist außerdem für viele Studierende eine Zeit, in der sie zahlreiche Lebensveränderungen erleben. Daher seien sie besonders anfällig für Gesundheitsrisiken wie körperliche Inaktivität, übermäßigen Alkoholkonsum und Stress. Die Belastung der Studierenden ist durch die Corona-Pandemie und digitale Lehre weiter verstärkt worden, sodass sich die Situation erschwerte. Für viele Studierende sei der Bedarf an Unterstützung seit dieser Zeit gewachsen.

Dies wird auch durch das Gesundheitsmonitoring von Healthy Campus Mainz bestätigt. Die Studierendenbefragungen aus dem Jahr 2021 zeigt, dass 41 Prozent der Befragten eine klinisch relevante depressive Symptomatik beschreiben, 36 Prozent erleben starke Sorgen und/oder Nervosität und 30 Prozent geben an, unter sozialer Angst zu leiden.

Aufbau nachhaltiger Strukturen an der JGU

Durch Healthy Campus Mainz konnten wichtige Strukturen an der Universität geschaffen werden, die laut Abschlussbericht das Potenzial haben, “die JGU als gesundheitsbewusste Universität nachhaltig zu stärken”. Im Rahmen des Projekts wurden über 20 Publikationen veröffentlicht, wodurch die Universität sich zum Thema “Studierendengesundheit” wissenschaftlich etablieren konnte. Für das Vorhaben war daher eine “externe als auch interne Vernetzung” von Bedeutung. Der Studierendenbeirat ermöglichte es Studierenden, ihre Anliegen unmittelbar an Healthy Campus Mainz heranzutragen und direktes Feedback zu geben. Durch den runden Tisch “Gesundheitsbewusste Hochschule”, sei ein Austausch verschiedener Akteur*innen der JGU möglich gewesen. Außerdem hätte Healthy Campus Mainz Angebote und Maßnahmen der Universität miteinander vernetzt. Der Fragebogen, welcher für das Gesundheitsmonitoring entwickelt wurde, hätte das Potenzial, in der Zukunft weiterhin verwendet zu werden.

Zukunft für Healthy Campus Mainz-Projekte

Laut eigenen Angaben gab es das Bestreben, das Projekt Healthy Campus Mainz in ein permanentes studentisches Gesundheitsmanagement (SGM) zu überführen. Jedoch sei es aufgrund mangelnder personeller und finanzieller Ressourcen bisher nicht möglich gewesen, es langfristig in den Strukturen der Universität zu verankern. Dennoch gäbe es das Potenzial, einzelne Maßnahmen oder Strukturen des Projektes auf andere Hochschulen, die ein eigenes Gesundheitsmanagement entwickeln wollen, zu übertragen.

Außerdem sei im Curriculum des Studiengangs Medizin ein Wahlpflichtfach für Gesundheitsförderung und Prävention verankert worden, welches auch weiterhin angeboten wird. Darüber hinaus könnten die Videos des "Health Express" auch in Zukunft weiter in Lehrveranstaltungen verwendet werden.         

Fazit: Errungenschaften und positive Entwicklungen

Insgesamt wurde eine überwiegend positive Bilanz aus dem Projekt gezogen. Die Studierenden hielten es für wichtig, dass mehr für die Gesundheitsförderung an der Uni gemacht werde. Das Modellvorhaben hat die Notwendigkeit von gesundheitsfördernden Projekten an der JGU verdeutlicht.

Außerdem wurden daraus viele wichtige Erkenntnisse gezogen: Zum einen konnte durch das Gesundheitsmonitoring mehr über den Gesundheitszustand der Studierenden in Erfahrung gebracht werden. Beim Thema Gesundheit gibt es noch in vielen Bereichen Potenzial nach oben und es liegt ein Risikoverhalten bei den Studierenden vor. Weiterhin konnte das Gesundheitsmonitoring zeigen, dass es viele Angebote zur Gesundheit auf dem Campus gibt, jedoch viele Studierende nicht von den Angeboten wissen und deshalb auch nicht von ihnen profitieren können. Ebenso ist die mangelnde Vernetzung der Akteur*innen und Angebote ein wichtiger Punkt.

Healthy Campus Mainz: Zwiegespaltenes Resümee

Dies betonte auch Jennifer Reichel, die Projektkoordinatorin von Healthy Campus Mainz, in ihrem Rückblick: Durch das Uni-Setting sei es manchmal schwer, Studierende zu erreichen, da diese häufig wechseln und nur eine begrenzte Zeit an der Uni seien. Weiter erklärte sie, dass das Erreichen eines kulturellen Wandels an einer Universität immer zeitaufwendig sei und nicht in nur fünf Jahren erreicht werden könne. Durch das Ende des Projektes habe die Universität einen wichtigen Akteur verloren, welcher Bewusstsein für Gesundheitsförderung schaffe. Obwohl es weitere wichtige Akteur*innen an der JGU gebe, welche sich für die Gesundheit der Studierenden einsetzen, wie die Psychotherapeutische Beratungsstelle oder der Allgemeine Hochschulsport, so fehle es nach der Beendung des Projektes insbesondere an einem präventiven Ansatz. Aufgrund der nur kurzfristigen Finanzierung des Projektes, konnten laut Abschlussbericht „lediglich Startvoraussetzungen geschaffen sowie Maßnahmen erprobt werden“. Weiterhin habe das Gesetz zur Förderung von Prävention und Gesundheit im Fall von Healthy Campus Mainz „sein Ziel verfehlt, Gesundheitsförderung langfristig in dieser wichtigen Lebenswelt zu verankern“.

Trotz der anhaltenden Notwendigkeit von Gesundheitsförderung an der JGU und den positiven Erlebnissen, musste das Projekt Healthy Campus Mainz dennoch eingestellt werden. Die Studierenden können weitestgehend nicht weiter von dem Projekt profitieren, da die meisten Angebote aufgrund von fehlenden Ressoucen eingestellt sind.

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