Bilanz zum scheidenden AStA: Was prägte diese StuPa-Legislatur?

23.01.2024
Studium, Hochschulpolitisch
cd & jbi

Ende Januar wird ein neues Studierendenparlament gewählt. Doch in dieser Legislatur gab es auch außerhalb des AStA einige Unstimmigkeiten. Mehr über diesen Teil der StuPa-Arbeit findest du hier.

Im ersten Teil des Artikels berichteten wir bereits, wie die Arbeitsbereiche des Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) im Jahr 2023 gearbeitet haben. Darüber hinaus war diese Legislatur von weiteren Kontroversen geprägt, die für Aufsehen unter den Studierenden sorgten.

Kritik an Sustainable JGU: Greenwashing & Kontakt nach rechts

Sustainable JGU – Liste für Klimaschutz und Nachhaltigkeit trat zum ersten Mal als Liste zur StuPa-Wahl 2023 an und erhielt dabei 110 Stimmen und somit drei Sitze im Studierendenparlament.

Doch kurz vor der Wahl erhob Campusgrün am 12. Januar 2023 schwere Vorwürfe gegenüber Sustainable JGU via Instagram. Die Liste nehme Klimaschutz nicht ernst, verfolge keine konkreten Vorhaben und sei ein Projekt der CDU Mainz-Finthen, so Campusgrün (campus-mainz.net berichtete). Außerdem solle Kontakt zu Personen der Rechtsaußen-Szene bestehen (campus-mainz.net berichtete).

Sustainable JGU – ein grüneres CDU-Projekt?

Die Liste der Sustainable JGU besteht aus zwei Mitgliedern, Elias Offermann und Fabian Kaltz, welche ebenfalls Mitglieder beim RCDS sind, aber dort (laut eigenen Aussagen) nicht mitwirken würden. Ihr Ziel sei es gewesen, "echte grüne und nachhaltige Politik in den AStA [zu] bringen“. Kaltz fand es daher schade, dass er und Offermann "so grundlos von Campusgrün angefeindet werden.“ Er war der Meinung, dass Campusgrün sich lieber über eine weitere nachhaltige Hochschulgruppe freuen sollte, anstatt nur die Konkurrenz zu sehen. Dass ihr Angebot eine vorhandene Lücke gefüllt hätte, zeige nämlich das Wahlergebnis.

Offermann bestritt eine Verbindung zur CDU und Jungen Union. Kaltz hingegen sei CDU-Mitglied und im Vorstand der CDU Finthen, könne dies aber gut trennen. Außerdem erklärte er, dass hochschulpolitische Angelegenheiten gar keinen Nutzen für die CDU Finthen hätten.

Trotzdem hatte Sustainable JGU kein Interesse an einem Posten im AStA: Offermann wurde als Referent für den Arbeitsbereich für Ökologie und Studierendenwerk vorgeschlagen, erhielt im ersten Wahlgang aber keine Mehrheit und trat im zweiten Wahlgang dann nicht mehr an.

Mutmaßlicher Kontakt in die Rechtsaußen-Szene  

Des Weiteren wurde der Vorwurf erhoben, Sustainable JGU verfüge über Kontakt in die Rechtsaußen-Szene, genauer zu Sascha Deisel. Deisel ist ein ehemaliger AStA-Referent, der jedoch von seinem Posten zurückgetreten ist, nachdem ein Video publik wurde, in dem zu sehen war, wie er das "Westerwaldlied" sang (campus-mainz.net berichtete). Sowohl Kaltz als auch Offermann gaben an, nicht zu wissen, woher dieser Vorwurf stammte, da keiner von ihnen in Kontakt zu Deisel stehen würde. Sie seien ihm lediglich bei einem Treffen des RCDS über den Weg gelaufen.

Allerdings verurteilten Kaltz und Offermann Campusgrün für das Statement nicht, da es sich um Wahlkampf handeln würde. Campusgrün nahm die Vorwürfe nicht zurück, sondern blieb bei den Aussagen.

Zur Wahl des 74. Studierendenparlaments tritt die Liste Sustainable JGU erneut an. Fabian Kaltz belegt dabei Platz eins der Liste, die nun aus vier Studierenden besteht. Elias Offermann tritt nicht erneut an. 

Undemokratisches Verhalten bei Konstituierung des AStA

Nach der letzten StuPa-Wahl im Januar 2023 dauerte es länger als gewöhnlich, bis sich der AStA bildete.

Die Juso-HSG, der RCDS und die LHG sehen dies begründet in undemokratischem Verhalten von Campusgrün und Linker Liste (LiLi) in der dritten konstituierenden Sitzung am 1. März (campus-mainz.net). Die drei Hochschulgruppen veröffentlichten dazu am 5. März ein gemeinsames Statement auf ihren Instagram-Profilen. Sie behaupteten, dass Campusgrün und LiLi die Wahl eines AStA-Vorsitzes durch Verlassen der Sitzung und somit Untergrabung einer politischen Mehrheit blockiert hätten.

In der konstituierenden StuPa-Sitzung am 1. März sollte der AStA-Vorsitz gewählt werden, jedoch habe Campusgrün die Kandidatur seines Kandidaten kurz davor zurückgezogen. Daraufhin habe die Juso-HSG einen eigenen Kandidaten mit Unterstützung von LHG und RCDS vorgeschlagen. Da die anwesenden Abgeordneten von Campusgrün und LiLi keine Mehrheit gegen diesen Vorschlag bilden konnten, hätten sie die Sitzung verlassen. Daraufhin war das Studierendenparlament nicht mehr beschlussfähig, der Kandidat der Juso-HSG konnte nicht gewählt und die Wahl musste verschoben werden. Im Statement wird es als "fragwürdig“ bezeichnet, dass "Campusgrün die Kandidatur auf den AStA-Vorsitz zurückzieht und gleichzeitig die Bildung eines funktionierenden AStAs verhindern will.“ Die Verfasser:innen sind der Meinung, dass "die schnellstmögliche Konstituierung eines arbeitsfähigen AStAs […] im Interesse aller Hochschulgruppen sein“ sollte. Außerdem berichteten Juso-HSG, RCDS und LHG von ähnlichen Vorfällen in der Vergangenheit (campus-mainz.net berichtete).

Die drei Hochschulgruppen wollten über dieses Verhalten berichten, da Campusgrün und LiLi ihrer "besondere[n] Verantwortung gegenüber der Universität und den Studierenden“ nicht nachkämen. Campusgrün und LiLi waren nach der Wahl die zwei größten Fraktionen, da sie gemeinsam 18 von 35 Sitzen innehatten, was sie in eine wichtige Position brachte.

Aufgrund der Beschlussunfähigkeit des StuPas wurden Sitzungen auch danach noch vertagt, was der RCDS in einem eigenen Story-Highlight auf Instagram dokumentierte. Im vierten Wahlgang konnte dann jedoch die Koalition aus Juso-HSG, LHG und RCDS mit eigener Mehrheit einen AStA-Vorsitzenden wählen. Mit der sechsten konstituierenden Sitzung am 23. März konnte der AStA vollständig gewählt werden und war ab diesem Zeitpunkt arbeitsfähig.

Misstrauensvotum: Verbindungsmitglied im AStA

Am 16. März kritisierte Campusgrün in einem Instagram-Posting den AStA, insbesondere die Juso-Hochschulgruppe (Juso-HSG). Nick Schmidt, der Vorsitzende des AStA, welcher auch Mitglied der Juso-HSG ist, bekräftigte, keine Mitglieder aus Studentenverbindungen für den AStA vorzuschlagen. Trotz dieser Aussage schlug er Philipp Göring, damals Senior der Verbindung Hasso-Rhenania Mainz, für den Arbeitsbereich Politische Bildung vor.

Die Juso-HSG, die Liberale Hochschulgruppe (LHG) und der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) wählten ihn geschlossen. Die Linke Liste reagierte am 25. April mit einem Instagram-Post zur Thematik, in welchem sie "die liberal-konservative Ausrichtung des AStAs und der darin vertretenen Hochschulgruppen“ kritisierte. In dem Statement gingen sie auf die "elitären Strukturen“ und "rechtsextremen Tendenzen“ in Studentenverbindungen ein und kritisierten diese scharf. Demnach würden Verbindungsstudenten nicht zu einem "emanzipatorischen Campus-Bild“ passen. Des Weiteren seien Verbindungen "ein Ausdruck des konservativen rechten Menschen- und Gesellschaftsbildes des RCDS“.

Am 26. April wurde der Verbindungsstudent durch ein erfolgreiches Misstrauensvotum von Campusgrün und LiLi abgewählt. Dass die Juso-HSG gegen das Votum stimmte, teilte Campusgrün in einem Instagram-Post. Darin verurteilten sie den AStA, welcher sich "solidarisch mit Rechten zeigt“ und "ihre Politik auch aktiv fördert und selbst betreibt“.  

Am 22. Mai folgte ein weiterer Instagram-Post der Linken Liste. Obwohl der "Verbindler“ abgewählt wurde, betonte sie darin, dass "das Problem bleibt“. In ihrem Beitrag wurde kritisiert, dass die gesamte Koalition, inklusive der Juso-HSG, gegen den Antrag gestimmt habe, welcher das Verbindungsmitglied abwählen sollte. Obwohl die Juso-HSG zunächst nicht über die Mitgliedschaft von Göring in einer Studentenverbindung informiert war, entschied sie sich nach Kenntnisnahme dagegen, ein Misstrauensvotum durchzuführen. LiLi kritisiert dies als Widerspruch zu den eigenen Werten der Juso-HSG, die sich selbst als "sozialistisch, feministisch, und internationalistisch“ bezeichnen würde und ihre eigenen Werte durch diese Abstimmung "mit Füßen getreten“ hätten.

Drei Partys: Zwei fanden nicht statt, eine war zu teuer  

Im Sommersemester 2023 fand die Semestereröffnungsfeier (SÖF) zwar im April statt, jedoch kam es zu einer erheblichen Kostenexplosion und die Veranstaltung überschritt das eingeplante Budget deutlich (campus-mainz.net berichtete). Insbesondere im Vergleich zu der SÖF im Wintersemester 2022/23 seien die Kosten enorm angestiegen: Gegenüber Oktober 2022 entstanden Mehrkosten in Höhe von 13.571 Euro. Als Grund dieser Kostensteigerung nennt der AStA unter anderem die Inflation und eine geringere Auswahl an potenziellen Veranstaltern.

Sommer ohne Fest

Sowohl das Sommerfest als auch die SÖF im Wintersemester 2023/24 sind ausgefallen. Bei beiden Veranstaltungen wurden unzureichende Vorbereitungen als Grund angegeben. Das Sommerfest konnte so das vierte Jahr in Folge nicht stattfinden (campus-mainz.net berichtete). Obwohl der damalige links-grüne AStA Ende Januar per E-Mail an alle Studierenden angekündigt hatte, dass das Sommerfest am 16. Juni stattfinden würde, erfolgte die Absage durch den neu-gewählte AStA am 24. Mai.

Diese Information wurde zunächst mit Mitarbeiter:innen der Universität Mainz geteilt, am 5. Juni verkündete der Arbeitsbereich für Kultur und Großveranstaltungen die Absage durch ein (mittlerweile gelöschtes) Posting auf Instagram auch der Studierendenschaft. In diesem hieß es, dass die Referent:innen aufgrund unzureichender Vorbereitungen ihrer Vorgänger die Umsetzung des Festes für unmöglich hielten.

Mitglieder von Campusgrün und der Linken Liste aus dem AStA der vorherigen Legislatur wehrten sich gegen diese Vorwürfe. Laut ihrer Aussagen sei alles vorbereitet worden. Stattdessen würden es die neuen Referent:innen nicht schaffen, die Planungen umzusetzen. Die aktuellen Referent:innen blieben bei ihren Begründungen und sahen die Schuld weiterhin bei ihren Vorgänger:innen. Sie räumten jedoch ein, dass die Ankündigung zur öffentlichen Absage des Sommerfestes verspätet erfolgt sei.

Aufregung nach SÖF-Absage

Auch die SÖF im Wintersemester 2023/24 konnte nicht stattfinden. Normalerweise wird diese Veranstaltung am Donnerstag in der ersten Vorlesungswoche abgehalten und sollte ursprünglich am 26. Oktober stattfinden. Eine Woche vor dem geplanten Termin, am 18. Oktober, wurde die Feier durch einen Instagram-Post abgesagt. Die zuständigen Referent:innen seien ihre Aufgabe unzureichend nachgekommen. Diese hätten im Vorhinein dem AStA versichert, dass die Veranstaltung zum Großteil geplant sei, was nach Überprüfung des E-Mailpostfaches jedoch widerlegt wurde. Daraufhin fiel der Entschluss, die Veranstaltung abzusagen. Insbesondere ein fehlendes Sicherheitskonzept sei Grund für die Absage gewesen. Sowohl die Stadt Mainz als auch die Universität zeigten sich "unzufrieden mit der Situation“. Es drohte zwischenzeitlich sogar die Gefahr, dass zukünftig weitere Veranstaltungen nicht mehr von der Universität erlaubt werden (campus-mainz.net berichtete).

Drei der vier Referent:innen des zuständigen Arbeitsbereiches erklärten nach der SÖF-Absage ihren Rücktritt. Sie waren keine gewählte Vertreter:innen der Hochschulgruppen des Studienparlaments, sondern externe Studierende mit "Lust und Erfahrung“ aus dem "Kompetenz-AStA“ (campus-mainz.net berichtete).

Wiedereröffnung fiel ins Wasser

Am 19. Juli wurde der Wasserspender im Philosophicum I wiedereröffnet, was mit einer kleinen Feier gewürdigt wurde. Diese wurde vom Arbeitsbereich für Ökologie und Studierendenwerk organisiert. Sogar der Besuch von Nino Haase, Oberbürgermeister der Stadt Mainz, war angekündigt und Studierende der Hochschule für Musik sorgten für musikalische Begleitung. Letztlich konnte wohl doch keine Musik gespielt werden – angeblich beschwerte sich ein Dozent im Vorlesungsraum nebenan. Trotzdem sollen die Musiker:innen ihre Aufwandsentschädigung verlangt haben, was zu Kritik in der darauffolgenden AStA-Sitzung geführt haben soll. Nicolai Hübel, Referent des Arbeitsbereich für Ökologie und Studierendenwerk, wies dies jedoch ab und erklärte, dass es nur ein kleiner Kostenfaktor sei im Vergleich zu anderen Kosten. Allerdings waren sich alle einig, dass die Kommunikation im Vorfeld der Veranstaltung besser hätte sein müssen.

Mitglieder des AStA bezeichneten die Veranstaltung als "misslungen“, auch Studierende kritisierten die Aktion. Auf dem Instagram-Account des Arbeitsbereichs Ökologie und Studierendenwerk hieß es: "Die Veranstaltung bildet mit Galgenhumor den Abschluss der langen Wartezeit auf die Inbetriebnahme des Wasserspenders. Außerdem soll auch die Memeaktion der Studis angemessen gewürdigt werden.“

AStA 2023 – eine Achterbahnfahrt

Die 73. Legislatur des Studierendenparlament war turbulent und von einigen Vorwürfen untereinander geprägt. Der AStA hatte durch die sehr lange Zeit der Konstituierung einen schwierigen Start. Außerdem begleiteten von Anfang an Spannungen mit der Opposition die Zusammenarbeit. Insbesondere die sich wiederholenden Probleme bei den Semesteröffnungsfeiern und dem Sommerfest sorgten für geringes Vertrauen der Studierenden gegenüber dem AStA. Trotz dieser und weiterer Kontroversen konnte der AStA auch einige Erfolge für sich verbuchen.

Nach der Wahl wird sich zeigen, wie das neue Studierendenparlament und damit auch der neue AStA zusammengesetzt sein werden. Außerdem bleibt es spannend, wie die Zusammenarbeit in der nächsten Legislatur verlaufen wird.

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